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EuGH: Türkischer Pass kann EU-Aufenthaltsrecht kosten

25. April 2024

In Deutschland lebende Türken lassen sich einbürgern, beantragen aber wieder einen türkischen Pass. Dadurch verlieren sie aber den Status als EU-Bürger. Ist das zulässig? Der Europäische Gerichtshof schafft Klarheit.

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Das Gebäude des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seinen Sitz in LuxemburgBild: Harald Tittel/dpa/picture alliance

Türkische Staatsangehörige, die nach ihrer Einbürgerung in Deutschland erneut einen türkischen Pass beantragen, müssen mit dem Verlust der EU-Bürgerschaft rechnen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.

Demnach steht der automatische Verlust der Staatsangehörigkeit, den das deutsche Recht für solche Fälle vorsieht, dem EU-Recht nicht entgegen. Wenn damit auch der Verlust der Unionsbürgerschaft einhergehe, seien aber bestimmte Anforderungen zu beachten, so das Gericht.

Konkreter Anlass war der Fall von fünf Menschen in Nordrhein-Westfalen, die zwischen den 1970er- und den 1990er-Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen waren. Sie gaben im Zuge ihrer Einbürgerung ihre türkische Staatsangehörigkeit auf, erwarben sie aber kurze Zeit später wieder.

Nach einer Anhörung stellten die zuständigen Stadtverwaltungen in Wuppertal, Krefeld und Duisburg fest, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr bestehe. Hierdurch fiel auch die Unionsbürgerschaft weg und somit das Recht der Betroffenen, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Dagegen klagten sie vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, das sich mit der Bitte um Auslegung des geltenden Rechts der Europäischen Union an den EuGH in Luxemburg wandte.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Gerichtshof wies darauf hin, dass die einzelnen EU-Mitgliedstaaten dafür zuständig seien, die Voraussetzungen für Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit festzulegen. Wenn jedoch wie im vorliegenden Fall der Verlust der Staatsangehörigkeit auch den Verlust der Unionsbürgerschaft nach sich ziehe, seien bestimmte Anforderungen des Unionsrechts und insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten.

Das Unionsrecht lasse zu, dass jemand, der freiwillig die Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Staats wie der Türkei erwerbe, mit der Staatsangehörigkeit des EU-Mitgliedstaats automatisch auch die Unionsbürgerschaft verliere. Die betroffene Person müsse jedoch die Möglichkeit haben, sich an nationale Behörden und Gerichte zu wenden, um prüfen zu lassen, ob der Verlust des Unionsbürgerstatus unverhältnismäßige Folgen für sie habe. Wenn dies der Fall sei, müsse sie ihre EU-Staatsangehörigkeit beibehalten oder rückwirkend wiedererlangen können.

Passverlust möglicherweise vermeidbar?

Laut Luxemburger Gericht hätten die Betroffenen im vorliegenden Fall einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit allerdings vermeiden können, wenn sie vor Beantragung der türkischen Staatsangehörigkeit die Genehmigung der deutschen Behörden zur Beibehaltung der deutschen Nationalität beantragt und erhalten hätten. Das entsprach der Rechtslage zum fraglichen Zeitpunkt im Jahr 2000.

Der Besitz mehrerer Staatsbürgerschaften ist in Deutschland bislang nur in wenigen Fällen gestattet. Ende Juni tritt allerdings hierzulande ein neues Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft, dass auch diese Möglichkeit vorsieht.

Neues Einbürgerungsgesetz

kle/AR (kna, afp)