1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

EU verhängt erstmals Sanktionen gegen israelische Siedler

19. April 2024

Gewalttaten radikaler israelischer Siedler gelten als wichtiges Hindernis für eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt. Die EU setzt nach einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa jetzt ein klares Zeichen.

https://p.dw.com/p/4ey00
Zwei ausgebrannte Fahrzeuge vor einem zerstörten Gebäude
Das Dorf al-Mughayyer im Westjordanland wurde im April von israelischen Siedlern attackiertBild: Mohammed Torokman/REUTERS

Zum ersten Mal hat die Europäische Union Strafmaßnahmen wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland ergriffen. Die Mitgliedstaaten beschlossen die Sanktionen in einem schriftlichen Verfahren, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Die Sanktionen richten sich demnach gegen Personen und Organisationen, die für Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland verantwortlich sein sollen. Sie werden mithilfe des EU-Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt. Personen, die betroffen sind, dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen. Außerdem müssen ihre in der EU vorhandenen Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden.

Symbolisch bedeutender Schritt

Angriffe gegen Palästinenser werden wie der Siedlungsbau im Westjordanland als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen - insbesondere auch nach dem Massaker der militant-islamistischen Hamas in Israel vom 7. Oktober. Die USA, die EU und andere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein. 

Die EU hat die Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für Strafmaßnahmen gab es aber bis heute nie den erforderlichen Konsens. Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen Kurswechsel in der Israel-Politik der EU - auch wenn die Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe Auswirkungen haben.

UN-Gericht befasst sich mit Israels Siedlungspolitik

Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Diese haben bereits Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische israelische Siedler richten. Die USA werfen den Betroffenen unter anderem vor, sich im Westjordanland an Gewalt gegen palästinensische Zivilisten beteiligt zu haben.

Sanktionen sollen Strafverfolgung initiieren

Die Namen der Betroffenen sollen in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Nach Informationen der dpa handelt es sich im ersten Schritt um vier Personen und zwei Organisationen. Im Idealfall sollen die Sanktionen nach Angaben von Diplomaten dazu führen, dass die israelische Justiz sich künftig engagierter um die Verfolgung von Gewalt von israelischen Siedlern gegen palästinensische Dörfer und Olivenhaine kümmert.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte die Entwicklungen in dem Gebiet erst in der vergangenen Woche wieder als höchst besorgniserregend bezeichnet. Im Westjordanland würden Palästinenser häufig von Hunderten israelischen Siedlern angegriffen, die oft vom Militär unterstützt würden, ließ er mitteilen. Nach der Tötung eines 14-jährigen Israeli aus einer Siedlerfamilie seien bei Racheakten vier Palästinenser getötet worden, darunter ein Kind. Israel sei als Besatzungsmacht verpflichtet, Palästinenser vor Siedlerattacken und rechtswidriger Gewalt durch Sicherheitskräfte zu schützen, so Türk.

Volker Türk vor dem UN-Logo
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker TürkBild: Martal Trezzini/dpa/picture alliance

Ungarn verhindert lange Sanktionen

Die Sanktionen gegen Siedler hätten eigentlich bereits vor längerem beschlossen werden sollen. Die ungarische Regierung, die in der EU als besonders israelfreundlich gilt, signalisierte allerdings erst im vergangenen Monat, dass sie ihnen nicht mehr im Weg steht. Am 18. März verständigten sich die EU-Außenminister dann im Prinzip auf die Verhängung der Sanktionen. Teil der Einigung war, dass es auch neue Strafmaßnahmen gegen bewaffnete islamistische Gruppen gibt. Sie waren bereits in der vergangenen Woche verhängt worden - insbesondere wegen des Einsatzes "systematischer und weiträumiger sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt".

Ein Grund für die angespannte Lage im Westjordanland ist, dass Israel dort seit der Eroberung des Gebiets im Sechstagekrieg 1967 umstrittene Siedlungen ausbaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern.

Die Vereinten Nationen haben diese Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung eingestuft, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zweistaatenlösung zulassen. Als ein weiterer Grund für die angespannte Lage gelten Razzien der israelischen Armee in Städten des Westjordanlands wegen Anschlägen von Palästinensern auf Israelis.

kle/gri/fab (dpa, afpe, rtr)