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KonflikteNordkorea

Rücken Nordkorea und Iran noch näher zusammen?

Julian Ryall
8. Mai 2024

Die Regierungen in Pjöngjang und Teheran eint ihr Groll gegen den Westen. Beide sind von Sanktionen betroffen. In einer künftigen Zusammenarbeit könnten sie sich in der Drohnen- und Nukleartechnik austauschen.

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Kim Jong Un, Führer Nordkoreas (links) und  Ali Chamenei, religiöses und politisches Oberhaupt des Iran
Bündnis aus Kommunisten und Theokraten? Kim Jong Un, Führer Nordkoreas (links), und Ali Chamenei, religiöses und politisches Oberhaupt des Iran Bild: YONHAPNEWS AGENCY/Zumapress/picture alliance

Nordkorea ist gerade dabei, neue Kontakte zu gleichgesinnten Nationen aufzubauen und bereits bestehende Allianzen zu festigen. Diese Bestrebungen gehen nun weit über die Beziehungen zu seinen mächtigen Nachbarn Russland und China hinaus. In jüngster Zeit scheint das iranische Regime für den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un von besonderem Interesse zu sein.

"Genau wie im Kalten Krieg bilden sich zwei Blöcke heraus. Nordkorea sieht dies als eine gute Gelegenheit, sich an die Seite des Iran zu stellen und damit seine Opposition gegen die USA zu bekräftigen", sagte Kim Seong-kyung, Professorin für nordkoreanische Gesellschaft und Kultur an der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul.

Ende April entsandte Nordkorea eine hochrangige Delegation von Wirtschafts- und Handelsexperten nach Teheran. Der neuntägige Besuch war die erste derartige Mission seit 2019. Da sich beide Länder zu den Details des Treffens bedeckt hielten, spekulieren Analysten, dass es bei den Gesprächen um Militärtechnologie gegangen sein könnte; einschließlich Atomwaffen und ballistische Raketen.

"Der Norden sieht dies wahrscheinlich auch als eine gute Gelegenheit, Waffen- und Militärtechnologie an Teheran zu verkaufen und im Gegenzug eine Art wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, da es gegen beide Länder harte Sanktionen gibt, die ihre Möglichkeiten einschränken", glaubt die Expertin Kim.

Iran dementiert Gespräche über Atomprogramm

Teheran wies jedoch die Vermutungen zurück, dass die Delegierten über eine Zusammenarbeit in der Nukleartechnologie diskutiert hätten. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, kritisierte ausländische Medien für "voreingenommene Spekulationen durch die Veröffentlichung unwahrer und unbegründeter Nachrichten".

Die Nähe zum Iran erscheint aber überdeutlich. In der Folge des Treffens verurteilten die nordkoreanischen Staatsmedien eine neue Runde von Sanktionen, die Washington gegen den Iran verhängt hatte, als "unfair".

Die jüngste Sanktionsrunde soll verhindern, dass der Iran unbemannte Luftfahrzeuge herstellen und einsetzen kann.

Es wird angenommen, dass Teheran Tausende von Drohnen an Russland für den Einsatz im Krieg gegen die Ukraine geliefert hat.  Der Iran selbst unternahm am 13. April Drohnen- und Raketenangriffe gegen Israel. Die Regierung in Teheran rechtfertigte diese Luftschläge als Vergeltung für den Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien, für den nach Auffassung der iranischen Regierung Israel verantwortlich ist.

Scharfe Reaktionen auf iranischen Angriff auf Israel

Die nordkoreanische staatliche Nachrichtenagentur behauptet, die USA hätten neue Sanktionen gegen den iranischen Stahl-, Automobil- und Drohnensektor verhängt, nachdem sie die Fakten verdreht hätten, so "als ob der Iran für die Verschlechterung der regionalen Situation verantwortlich wäre".

Bündnis zwischen Kommunisten und Theokraten?

"Teheran und Pjöngjang haben eine langjährige Beziehung, die in vielerlei Hinsicht paradox ist, da das eine ein theokratisches islamisches Regime und das andere ein kommunistischer Personenkult ist", sagte Dan Pinkston, Professor für internationale Beziehungen am Campus der Troy-Universität in Seoul.

"Aber obwohl sie sehr unterschiedlich sind, haben sie auch einige Gemeinsamkeiten. Sie sind beide autoritäre Regime, die intolerant gegenüber anderen sind und tiefe Ressentiments gegen die USA und den Westen im Allgemeinen teilen", sagte er im Gespräch mit der DW. Die iranische Führung bezeichne die USA häufig als "den großen Satan", während Pjöngjang einen "US-Imperialismus" ins Zentrum seiner Propaganda stelle.

Nordkorea konzentriert sich auf engste Verbündete

Während Nordkorea versucht, seine Beziehungen zum Iran und zu Ländern wie Russland, China, Syrien und Weißrussland zu vertiefen, hat Pjöngjang seine Botschaften anderswo geschlossen. Im vergangenen Jahr wurden die diplomatischen Vertretungen in Spanien, Angola, Uganda, Hongkong und Nepal außer Dienst gestellt. 

Einige vermuten, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass Pjöngjang einfach Schwierigkeiten hat, sich den Betrieb der diplomatischen Außenposten zu leisten. Analysten vermuten aber auch, dass die nordkoreanische Führung das Risiko verringern möchte, dass ihre Diplomaten im Ausland überlaufen.

Gleichzeitig scheint sich Pjöngjang auf Verbündete zu konzentrieren, die es wirtschaftlich und militärisch unterstützen.

Nordkorea supergroßer Sprengkopf
Raketentechnik aus NordkoreaBild: AFP

Möglicher Erfahrungsaustausch zu Nuklear- und Drohnentechnik

Es sei zu erwarten, dass der Iran und Nordkorea mehr politische und diplomatische Unterstützung füreinander demonstrieren werden. So könnte Pjöngjang den Iran gegen Israel und die USA unterstützten, sagte Pinkston.

"In der Vergangenheit hat Nordkorea den Iran mit Nukleartechnologie versorgt, was die Israelis verärgert hat. Es ist wahrscheinlich, dass der Norden wieder in der Lage sein wird, Daten aus den von ihm durchgeführten Atomtests zur Verfügung zu stellen", sagte Pinkston. Nordkorea könne „Best Practices zu seinem Raumfahrtprogramm und Informationen aus seinem eigenen Satellitenprogramm weitergeben."

Iran kurz vor der Atombombe?

Die Drohnentechnologie werde mit ziemlicher Sicherheit für beide Seiten von großem Interesse sein, ist Pinkston überzeugt. Nordkorea und der Iran würden versuchen, die Fähigkeiten eines Waffensystems zu erhöhen, das relativ neu, aber, wie sich in der Ukraine gezeigt hat, verheerend effektiv ist. Der Austausch von Daten zur Bewertung der Schäden, die Drohnen im Gefecht anrichten können, zu effektiven Technologien und möglichen Gegenmaßnahmen würden sie in die Lage versetzen, "Entwürfe zu vergleichen".

Pjöngjang braucht iranisches Öl

Nordkorea ist zudem verzweifelt auf der Suche nach Öl, das unter die wichtigsten Produkte fällt, die von internationalen Sanktionen betroffen sind. Der Iran könnte in der Lage sein, die Überwachung dieser Sanktionen zu umgehen und trilaterale Handelsabkommen mit Russland zu nutzen, um den Norden mit Treibstoff zu versorgen, sagte Pinkston.

Etwas mehr als 22 Jahre, nachdem der damalige US-Präsident George W. Bush den Begriff "Achse des Bösen" geprägt hat, in der er Nordkorea, den Iran und den Irak verortete, warnen die Analysten nun, dass ein weitaus mächtigerer Block entstehen könnte.

"Es gibt Staaten, die sich 'gekränkt' fühlen und sich daher gegen die von den USA geführte Weltordnung richten", sagte Pinkston. "Ihre nationalen Interessen mögen nicht perfekt übereinstimmen, aber sie teilen eine gemeinsame Zielsetzung - die Gegnerschaft zum Westen."

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand